Lebendig, Leben, Lernen

2022 11 03 klassenspiel

 

Bericht zur Theatervorstellung „Mord“ der 12. Klasse

Eine Bühne ganz in Schwarz und dazu die Musik von Hitchcocks Horrorthriller „Die Vögel“ – sofort hatte man als Zuschauer das Gefühl, dass in der Dunkelheit eine unsichtbare Bedrohung lauert. Dieses Gefühl wurde einem aber direkt erstmal durch den wunderbar komischen Auftritt des Polizisten genommen.

Dann ging es auch schon in die Welt der beiden Paare, Mann und Frau, Herr und Dame, die mit sich und ihrer Liebe, ihrer Treue und Untreue zu kämpfen hatten. Und plötzlich der Mord, der alle überraschte – gab es ihn überhaupt? Und wer war es?

Darüber herrschte große Aufregung in der Zeitungsredaktion auf der Bühne. Und als die Sekretärin keine Lust mehr hatte, Lügen auf ihrer Schreibmaschine zu tippen und hinschmiss, ereignete sich einer der nachdenklichen Momente, die es an diesem Abend noch öfter gab und die mal leise und mal laut daherkamen. „Ich habe genug davon, Lügen zu verbreiten!“, so die Sekretärin.

„Was geschieht, wenn alle so denken?“, empört sich die Chefredakteurin. „Vielleicht kein Mord mehr!“, so die Sekretärin klug.

Die 12. Klasse nahm uns mit in Gedankenwelten guter und weniger guter Menschen, in rauschende Roulettszenen, die herrlich kostümiert in die 20er Jahre entführten, und in ein ebenso zu dieser Zeit passendes Spiel mit den Geschlechtern, was der Roulettgeist sehr gut verkörperte.

Die Wissenschaft gab sich zwischendurch auch die Ehre mit einem großartigen Arzt, der noch verrückter schien als seine psychisch kranken Patienten und das „Goldene Zeitalter der Mittel- mäßigkeit“ anpries. Wieder so ein Moment, an dem man als Zuschauer schluckte.

Der Mord wurde verhandelt, im Gericht und auch außerhalb dessen. War es der Mann oder doch die Frau - oder keiner von beiden? Die Welt schien aus den Fugen, irgendwie wie heute auch.

Aber „Davon geht die Welt nicht unter“, sang die schöne Conferencieuse – und die Glitzerwelt, in die sie uns mitnahm, ließ den Mord vergessen. Und als „der Mann“ dann mit seiner warmen, schönen Stimme fragte, „Wer von uns hat noch nie in Wünschen und Gedanken getötet?“, da fühlten wir uns alle ein wenig schuldig.

Walter Hasenclevers Drama von 1926 war eine bemerkenswerte Wahl der diesjährigen 12. Klasse, der unter der Leitung von Marcus Lachmann und Melanie Monyer ein Klassenspiel gelungen ist, das viele Fragen aufwirft, die aktueller nicht sein können. Denn wenn es heißt, „Die Welt ist ein Mechanismus geworden – so wird auch der Mensch zur Maschine“, dann hat man das Gefühl, dieses Theaterstück wurde eben erst geschrieben und will uns davor warnen, unsere Menschlichkeit zu verlieren. Danke für diesen wunderbaren Theaterabend!

Mandy Cankaya
Pressarbeit der FWS Oberberg

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